IceageNew Brigade

Flink wetzen die Holzstäbe über aufgespanntes Membran, ein helles Schnappen erzeugend. Mit dem ersten Beckenschellen läuft das Schlagzeugspiel zu vollem Druck auf, über ihm türmt sich eine jaulend-noisige Metallwand empor. „Red glare dissolves me / drowns us bone on bone / I fall these rotting heights“ intoniert eine junge, emotionsarme Stimme den eigenen Niedergang in einen leeren Raum, jede Pause von beunruhigender Stille begleitet. Es ist was rau im Staate Dänemark.

Wie andere Gruppen und Soloprojekte aus ihrem Kopenhagener Umfeld, in dem Punk, Black Metal, Noise und Post-Punk ohne Berührungsängste nebeneinander- und zusammenlaufen, hantieren Iceage auf ihrem Debüt mit dunklen, aber kraftvollen Strömen, „New Brigade“ ist perfekte 25 Minuten zwischen Punk und Post-Punk, an denen niemand mit auch nur leichter Affinität für derart abseitige Klänge vorbeikommen wird. Gewiss, die Punkwelt ist groß – ein Blick in den Katalog eines spezialisierten Versandhauses deutet ein geschlossen selbstreferentielles System an, dessen Durchblicken und Deuten einer Enzyklopädie bedarf. Voller Bands, die den North-Coast-Crust-Sound der späten 90er und mittigen 80er in sich vereinen, Referenzen zu diesem Ex-Sänger von jener Combo auf was auch immer für einem Label – wer außer Vollblut-Fans soll da schon erkennen und schätzen können, wenn sich ein Werk daraus abhebt?

Andererseits ist nunmal von jeher das Schöne am Punk seine unkomplizierte, direkte Energie, und so legt Iceages Debüt auch über Nicht-Eingeweihte seinen kraftvollen, kratzigen Bann, der selbst nach wochenlangem, dutzendfachem Hören nicht nachlässt. Doch bringen die Dänen bei allem schlampigem Ungestüm auch melodische und filigrane Querschläger in ihr Treiben, wenn zum Beispiel „Broken Bone“ schlank-harmonischen Refrain an dichtflächige Strophen reiht nur um in einem präzise-kantigen Breakdown zu münden, dabei Erinnerungen an den Post-Punk von Wire, Swell Maps oder „Warsaw“-früher Joy Division hervorruft. Es sind diese einfallsreichen Reibungsfelder inmitten schwarzmetallischer Atmosphäre, die „New Brigade“ so enorm mitreißend gestalten, dass die Songs stets kurz und knackig bemessen sind macht die Erfahrung umso wiederholenswerter.

84

Label:  Escho (Vinyl) / Tambourhinoceros (CD)

Referenzen: Wire, Liars, Joy Division, Sexdrome, These New Puritans

Links: Homepage | MySpace | Escho | Tambourhinoceros

VÖ: 10.01.2011

9 Kommentare zu “Rezension: Iceage – New Brigade”

  1. guter tipp, danke!

  2. Stimmt, angenehmer Tipp. Werden sicherlich nicht wie Nephew klingen, denn die machen definitiv kein Punk, Post-Punk oder sonstige kratzbürstige Genres. Wobei ich sagen muss, dass Joy Division heutzutage beinahe bei jede Besprechung als Paten genannt werden. Zurecht, Joy Division fehlt…

  3. […] von Destroyer, der brodelnde Shoegaze-Untergrund von Belong, der draufgängerische (Post-)Punk von Iceage und das wahrscheinlich in gut neun Monaten sämtliche Jahrescharts auf der „Insel“ anführende […]

  4. […] erschienen ist, oder den ebenfalls in den vergangenen Wochen hochgelobten Debüts von Yuck und Iceage, die bei uns schon vor einiger Zeit ihre verdiente Würdigung […]

  5. […] aus Kopenhagen ans Herz gelegt, die auf ihrem bereits im Januar in Dänemark erschienenen Album „New Brigade“ nur gut 25 Minuten brauchte, um uns vollends zu überzeugen. Bis heute, wo der Winter das erste […]

  6. […] wären zum Beispiel Panda Bear, Stephen Malkmus & The Jicks, Shabazz Palaces, Bill Callahan, Iceage, John Maus, Zola Jesus, Low, Okkervil River oder Zomby, um mal einige zu […]

  7. […] Aufmerksamkeit. In den letzten beiden Jahren waren dies die Debüts von Royal Headache und Iceage, weswegen es aufzuhorchen heißt, wenn das gleiche nun Parquet Courts […]

  8. […] schnell kann’s gehen: Anfang 2011 erschien Iceages Debütalbum „New Brigade“ noch recht unbeachtet in ihrer Heimat, doch sollte sich dies in den darauffolgenden Monaten bald […]

  9. […] entstammen sie der umtriebigen, aber weitgehend unbeachteten Kopenhagener Punk- und DIY-Szene. „New Brigade“ schlug ein wie eine Bombe und die weltweite Kritik jubelte. Der ausgestellte […]

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